Studie zu Covid-19: Drei Kontakte mit Spike-Protein lösen breite Immunantwort aus

Wissenschaftler:innen von LMU, Helmholtz München und TUM konnten zeigen, dass das Immunsystem so selbst Omikron effizient neutralisieren kann.

Prof. Dr. Ulrike Protzer (Institut für Virologie der Technischen Universität München und Helmholtz Munich), Prof. Dr. Percy A. Knolle (Klinikum rechts der Isar der TUM) und Prof. Dr. Oliver T. Keppler (Max von Pettenkofer-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München) (v.ln.r.).

„Eine neue Erkenntnis aus unserer Studie ist, dass Menschen dreimaligen Kontakt mit dem Spike-Protein benötigen, damit es nach jetzigem Wissensstand zu einer sehr guten neutralisierenden Aktivität gegen alle VOCs, inklusive Omikron, kommt.“

Prof. Dr. Ulrike Protzer
Institut für Virologie der Technischen Universität München und Helmholtz Munich

In einer im Nature Magazine veröffentlichten Längsschnittstudie fand ein Team aus Forscher:innen von LMU, Helmholtz München und TUM heraus, dass das Immunsystem nach insgesamt drei Kontakten zum viralen Spike-Protein eine qualitativ hochwertige Antikörper-Antwort entwickelt. Diese Antikörper können auch Omikron effizient neutralisieren. Das gilt sowohl für dreifach Geimpfte als auch für Genesene nach zwei Impfungen und zweifach Geimpfte nach einer Durchbruchsinfektion. Für die Studie wurde die Immunität Geimpfter und Genesener über einen Zeitraum von zwei Jahren beobachtet.

Seit Beginn der COVID-19-Pandemie verändert sich das Coronavirus SARS-CoV-2 immer weiter. Neue besorgniserregende Varianten (variants of concern, VOC) breiten sich rasant aus. Omikron, das hochansteckend ist und sich der Immunantwort teilweise entziehen kann, ist in den meisten Ländern zur dominierenden Variante geworden.

Die Varianten Alpha und Delta werden leichter übertragen als das ursprüngliche SARS-CoV-2. Andere Varianten umgehen die Antwort des Immunsystems gegen das ursprüngliche Virus – zumindest zum Teil. Das gilt für Beta, Gamma und Delta. Auf die Omikron-Variante trifft beides zu. Omikron weist umfangreiche Mutationen im Spike-Protein auf, was seine außerordentlich schnelle Verbreitung und seine Immunflucht erklärt: eine Herausforderung für Ärztinnen und Ärzte, denn als Frage bleibt, wie es gelingt, Menschen bestmöglich gegen Infektionen mit dieser VOC zu schützen.

Antworten hat ein Team um Prof. Dr. Ulrike Protzer (Institut für Virologie der Technischen Universität München und Helmholtz Munich), Prof. Dr. Percy A. Knolle (Klinikum rechts der Isar der TUM) und Prof. Dr. Oliver T. Keppler (Max von Pettenkofer-Institut und Genzentrum der LMU) gefunden. Wie sie in Nature Medicine berichten, sind insgesamt drei Kontakte zum Spike-Protein als viralem Antigen notwendig, damit neutralisierende Antikörper nicht nur in ausreichender Menge, sondern auch in hoher Qualität gebildet werden. Solche qualitativ hochwertigen Antikörper binden das Virus stärker und können dadurch auch die Omikron-Variante bekämpfen. Das gilt sowohl für dreifach Geimpfte als auch für Genesene nach zwei Impfungen und zweifach Geimpfte nach einer Durchbruchsinfektion.

Covid Virus Andockend

Antikörper blockieren das Andocken des Virus an eine  Zelle.

Geimpft oder genesen: Guter Immunschutz auch gegen Omikron nach drei Kontakten mit Spike-Protein
Wie aus seiner Struktur vorhergesagt zeigte Omikron im Vergleich zu anderen Varianten die am stärksten ausgeprägte Immunflucht gegenüber neutralisierenden Antikörpern. „Hier braucht man deutlich mehr und bessere Antikörper, um das Virus zu neutralisieren“, kommentiert Prof. Keppler. Die Forscher hatten für die Untersuchungen einen neuen Test entwickelt, mit dem man in hohem Durchsatz viele Serumproben und verschiedene Varianten des Virus in einem Hochsicherheitslabor innerhalb weniger Tage untersuchen kann. Und Prof. Protzer ergänzt: „Eine neue Erkenntnis aus unserer Studie ist, dass Menschen dreimaligen Kontakt mit dem Spike-Protein benötigen, damit es nach jetzigem Wissensstand zu einer sehr guten neutralisierenden Aktivität gegen alle besorgniserregenden Varianten, inklusive Omikron, kommt.“

Wie die Forschenden berichten, sind hier unterschiedliche Konstellationen möglich. Dreifach geimpfte Personen ohne vorige SARS-CoV-2-Infektion kamen fast auf gleiche Titer neutralisierender Antikörper gegen Omikron wie geimpfte Genesene oder Personen, die eine Durchbruchsinfektion mit dem Delta oder Omikron hatten. Prof. Keppler: „In allen Fällen erreichte die Neutralisationsaktivität in unserer Analyse ähnlich hohe Bereiche, und die Bindungsstärke der Antikörper hat sich in allen Konstellationen erhöht.“ Prof. Protzer und Prof. Knolle sind sich einig: „Die durch eine Impfung aufgebaute beziehungsweise verstärkte Immunität ist der Schlüssel zu einem effektiven Schutz vor zukünftigen Varianten des Virus. Aber auch eine Durchbruchsinfektion, so ärgerlich sie ist, erreicht den Effekt einer zusätzlichen Impfung.“