Neubau des Klinikums Großhadern

Zweiter Bauabschnitt: Das neue Hauner

Der Wissenschafts-Campus Martinsried/Großhadern hat in Europa eine herausragende Rolle als Zentrum für naturwissenschaftliche Grundlagenforschung, Lehre, klinische Forschung, biotechnologische Innovationen und Technologietransfer. Hier findet quasi alles unter einem Dach statt, alle Institute, Fakultäten, Forschungsanstalten und das Klinikum sind fußläufig miteinander verbunden. Die beiden Max-Planck-Institute für Biochemie und für Neurobiologie, das Innovations- und Gründerzentrum für Biotechnologie (IZB), die Ludwig-Maximilians-Universität mit dem neuen Biomedizinischen Centrum (BMC), Prionzentrum, Genzentrum und das Klinikum Großhadern schaffen beste Bedingungen für Studierende und Wissenschaftler, gerade auch durch ihre Vernetzungsmöglichkeiten und Ausgründungen. Der jetzt beschlossene Neubau des Klinikums Großhadern wird eine Zäsur für den gesamten Campus bedeuten. In einer Serie stellen wir die wichtigsten Einrichtungen vor.

Begehbare Innenhöfe lockern die Atmosphäre auf und ermöglichen Tageslicht in nahezu allen Räumen.

Im Volksmund wird das riesige Gebäude des Bettenhauses am Klinikum Großhadern treffsicher „Der Toaster“ genannt. Über 2.000 Betten sind hier und im Innenstadt-Klinikum untergebracht, oft nach Standards, die eigentlich heute nicht mehr gelten: In einem modernen Klinikum erwartet der Patient heute nur noch Zweibett- oder sogar Einzelzimmer. In Großhadern, das haben viele Untersuchungen gezeigt, lässt sich dieser Standard auch nach noch so ausgeklügelten Umbau- und Sanierungsarbeiten nicht herstellen. Das ist einer der Gründe, warum das Bayerische Kabinett sich nach langen Überlegungen für einen Neubau des gesamten Klinikums entschieden hat – ein ziemlich einmaliges Unterfangen, das mindestens zwanzig Jahre dauern wird. Jedes Jahr wird der Staat in die entsprechenden Neubauten in Großhadern und in der Innenstadt rund
50 Millionen Euro stecken und das 20 Jahre lang. Natürlich ist es nicht nur das Bettenhaus, das die Neubau-Entscheidung für das erst 40 Jahre alte Klinikum Großhadern beflügelt hat. Es ist vor allem der ungeheure Fortschritt der modernen Spitzen-Medizin in allen Bereichen, der architektonische und organisatorische Revolutionen geradezu erzwingt. „Nicht mehr vertikal, sondern horizontal“ sollen die Strukturen sein, die sich um die Behandlungen eines kranken Menschen ranken, sagt Prof. Dr. Karl-Walter Jauch, der heutige Ärztliche Direktor des Klinikums.

Krebserkrankungen beispielsweise werden heutzutage in sogenannten Tumor-Boards behandelt, wo Ärzte der unterschiedlichsten Fachrichtungen besprechen, wie man den Patienten am besten behandeln kann. Es liegt auf der Hand, dass die Entfernung der medizinischen Disziplinen voneinander ein wichtiges Argument ist: Je kürzer der Weg, desto besser. Deshalb wird es in Großhadern künftig fünf nahe beieinander liegende Zentren geben: Das Bauch- und Beckenzentrum, das Herz-, Thorax- und Gefäßzentrum, ein onkologisches Zentrum, das Kopf-Zentrum, schließlich die Traumatologie und die Orthopädie. Ein Modul des neuen Klinikums Großhadern ist schon fertig und arbeitet bereits: das zentrale OP-Zentrum, in dem auch die Aufnahme und die Notfallversorgung stattfindet, sowie die Röntgenuntersuchungen. Die anderen Module des Mammut-Projekts werden über 20 Jahre hinweg erstellt. Auch für das nächste ist bereits der Weg bereitet: „Modul B“ wird die neue Kinderklinik, „Das neue Hauner“, für das der Architektenwettbewerb bereits abgeschlossen ist, mit dem Baubeginn wird 2018 gerechnet. Die neue Kinderklinik wird auf der Grünfläche neben dem Weg von der U-Bahn zum Haupteingang der Klinik stehen, dem sogenannten Patientengarten. Die weiteren Module befinden sich noch in der Abstimmung. Ziel ist, mehrere Organ- bzw. funktionsbezogene Einheiten zu schaffen, die flexibler gestaltet und genutzt werden können – neben der Patientenversorgung auch für Diagnostik, Forschung und Lehre. Der letzte und endgültige Sprung zum neuen Klinikum wird der Neubau des Bettenhauses sein – erst danach wird das alte Bettenhaus abgerissen. Bis dahin werden noch rund 20 Jahre vergehen.
Natürlich sind es nicht nur die medizinischen Ansprüche und die zunehmende, auf den Patienten persönlich zugeschnittene Versorgung (personalisierte Medizin), die ein neues Klinikum Großhadern notwendig machen. Es sind auch die zahllosen technischen Erfordernisse, die oftmalige Unmöglichkeit, ein 40 Jahre altes Großklinikum auf die modernsten Bedürfnisse und technischen Standards von heute zu bringen. Als Beispiel sei nur der Brandschutz genannt. Auch umweltpolitisch stoßen Altbauten wie das Klinikum Großhadern an ihre Grenzen, etwa was die Energieeffizienz betrifft, die bei Gebäuden aus den 70er Jahren längst zur Vergangenheit gehört.

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Prof. Dr. med. Karl-Walter Jauch
Ärztlicher Direktor und Vorsitzender des Vorstandes des Klinikums Großhadern.

Die neue Hauner´sche Kinderklinik

Im pädiatrischen Zentrum des „Neuen Hauner“ tut sich eine neue Welt auf. Innerhalb der klar definierten Grenzen des Gebäudes, die sich an der Struktur des umgebenden Campus Großhadern orientiert, finden Kinder, Jugendliche, Eltern, Wöchnerinnen und Personal eine von grünen Inseln durchdrungene Spiel- und Arbeitswelt vor. Die Gesamtheit des 3-geschossigen Gebäudes wird durch die rund und weich in Form geschnittenen Höfe in kleine Teile aufgebrochen. Jede dieser grünen Inseln hat ihre eigene individuelle Form. Um sie herum entstehen im Innenraum kleine Welten mit eigenem Charakter. Sie sind leicht wiederzuerkennen, ermöglichen gute Orientierung und Identifikation mit der jeweiligen „Inselwelt“ und bieten jungen Patienten, Eltern und Frauen eine mit Tageslicht durchflutete Umgebung. Trotz der engen betriebsorganisatorisch optimierten Verknüpfung der Funktionsbereiche im „Neuen Hauner“ wird so eine lebendige, variierende Gebäudelandschaft geschaffen. Ohne das Gebäude verlassen zu müssen, besteht stets die Möglichkeit sich im Freien und im Grünen aufzuhalten. Zusätzlich wird durch das zentrale Foyer der Zugang zum Patientengarten freigehalten. (Autor: Rainer Rutz)