Thalamus hilft dem Großhirn beim Lernen

Anders als lange gedacht, finden Lernvor­gänge nicht ausschließlich im Kortex statt

Porträt-Prof.-Dr.-Tobias-Bonhoeffer

Prof. Dr. Tobias Bonhoeffer,
Max-Planck-Institut für Neurobiologie

Ein junges Gehirn muss viel lernen – auch, wie es die Informationen der beiden Augen interpretiert und zu einem sinnvollen Bild der Umwelt zusammenfügt. So vernetzen sich die Zellen im visuellen Kortex während der Entwicklung, um visuelle Umweltreize bestmöglich zu verarbeiten. Dabei kann es vorkommen, dass sich die Signale aus einem Auge nicht mit denen des anderen Auges decken, zum Beispiel bei schielenden Kindern. Das Resultat kann eine „Fehlverdrahtung“ der Augen im Gehirn sein. Die daraus entstehende Sehschwäche kann jedoch oft durch das zeitweise Abdecken des dominanten Auges korrigiert werden.
Als Wissenschaftler aus der Abteilung von Tobias Bonhoeffer während eines temporären Augenverschlusses nun jedoch die Aktivität von Thalamus-Nervenzellen in Mäusen untersuchten, machten sie eine erstaunliche Entdeckung: Diese Zellen gaben die Informationen aus den Augen nicht einfach an den Kortex weiter, sondern veränderten ihre Signale in Reaktion auf den Augenverschluss durch Stärkung ihrer Verbindungen. „Das war vollkommen unerwartet, denn seit über 50 Jahren gilt, dass der Thalamus nur weiterleitet und nicht aktiv an Lernvorgängen beteiligt ist“, berichtet Tobias Rose, der Leiter der in Nature Neuroscience publizierten Studie.

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