RNA-Technologie könnte gegen Knochenschwund helfen

Die Therapien gegen die Volkskrankheit Osteoporose sind gut – aber nicht so gut, dass sie nicht verbessert werden könnten. In diesem Sinne untersucht ein Team unter Federführung von Prof. Dr. Dr. Eric Hesse und Prof. Dr. Hanna Taipaleenmäki vom Institut für Muskuloskelettale Medizin des LMU Klinikums, welche molekularen Prozesse am meist altersbedingten Knochenverlust beteiligt sind. Die Wissenschaftler stießen dabei auf zwei sogenannte Mikro-RNAs, die den Aufbau neuen Knochens und gleichzeitig den Abbau bestehenden Knochens entscheidend mit regulieren. Mit einer neuen experimentellen RNA-Therapie hat das Team die verloren gegangene Knochenmasse in osteoporotischen Mäusen wiederhergestellt. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal „EMBO Molecular Medicine“ veröffentlicht.

Die Osteoporose ist eine Erkrankung des Knochens, an der in Deutschland fast fünf Millionen Frauen und fast eine Millionen Männer leiden.

„Wir haben gesehen, dass der krankheitsbedingte Knochenmasseverlust rückgängig gemacht werden kann. Wir drehen den Krankheitsprozess quasi um.“

Prof. Dr. Dr. Eric Hesse und Prof. Dr. Hanna Taipaleenmäki
Institut für Muskuloskelettale Medizin,LMU Klinikum

Die Osteoporose ist eine Erkrankung des Knochens, an der allein in Deutschland gut fünf Millionen Frauen und gut eine Million Männer leiden – zu allermeist im höheren Alter. Im Zuge des Leidens schwindet die Knochenmasse, die Festigkeit der Knochen lässt nach. Folge: ein höheres Risiko für schmerzhafte – und im hohen Alter – auch gefährliche Knochenbrüche, selbst bei kleinsten Belastungen, die einem gesunden Knochen nichts anhaben können.

Der Knochen ist ein erstaunlich dynamisches Gewebe. Er baut sich ständig ab- und wieder auf. Dafür spannt sein Stoffwechsel bestimmte Zellen ein: Die Osteoklasten fungieren als Abrissbirne, die Osteoblasten als die Bauarbeiter, die Neues schaffen. Im gesunden Stoffwechsel befinden sich beide Prozesse in einem Gleichgewicht, gesteuert von einem feinen Geflecht aus Signalmolekülen, die nach der Bauanleitung bestimmter Gene hergestellt werden. Gesteuert wird die Aktivität dieser Gene letztlich auch durch sogenannte Mikro-RNAs (miRNAs).

Dem gestörten Knochenstoffwechsel von Osteoporose-Patienten werden beispielsweise Medikamente zugeführt, die die aufbauenden Prozesse anschieben sollen. Diese Medikamente hat das Team zunächst gesunden Mäusen gespritzt, worauf um die 20 Mikro-RNAs in deren Knochen unterdrückt wurden. „Von diesen haben wir die Mikro-RNAs 19a und 19b als besonders vielversprechend identifiziert“, sagen Prof. Taipaleenmäki und Prof. Hesse. In den Knochen von Patientinnen und Patienten mit einer erniedrigten Knochenmasse und von Mäusen mit einem gestörten Knochenstoffwechsel, sind diese beiden Mikro-RNAs überaktiv. „Das legt nahe, dass sie den Knochenstoffwechsel aus seiner Balance bringen können“, erklären die Wissenschaftler.

Neuer Therapieansatz muss noch in klinischen Studien getestet werden
Daraufhin hat das Team zwei sogenannte anti-sense-miRNA Moleküle hergestellt, die passgenau an die Mikro-RNAs 19a und 19b binden und deren Funktion damit ausschalten. In Mäuse mit Osteoporose gespritzt, aktiviert diese neuartige Therapie die Osteoblasten. Insbesondere aber werden die überaktiven Osteoklasten gehemmt. „Da haben wir gesehen, dass der krankheitsbedingte Knochenmasseverlust rückgängig gemacht werden kann“, die Wissenschaftler erklären weiter: „Wir drehen den Krankheitsprozess quasi um.“

Um den neuen Ansatz zur Behandlung von Patienten mit einem gestörten Knochenstoffwechsel weiterzuentwickeln, haben beide Wissenschaftler ein Start-Up gegründet, die Sirana Pharma in Martinsried. Die Technologie ist bereits patentiert. Wenn alles gut läuft, könnte die neue Therapie in einigen Jahren am Menschen getestet werden.

Klinikum der Universität München
  • Marchioninistraße 15
  • 81377 München
  • Tel.: +49 (0)89/4400 – 72101